Untertags - Über Nacht
Gedichte und
Geschichten
Es geht u.a. um ein "Fossil",
"Gehorsam". Erzählt wird von der "Hochzeitsnacht", dem "Küssen-Müssen".
Es geht um "das Holz", "Die Unendlichkeit und der Tod".
Man erfährt "Rauchen verursacht Krebs" und auch "Die Antwort
auf alle Fragen". Poetische Bilder werden in "Licht-Schranken"
und "Nachtkerzenzeit" entfaltet.
AutorInnen sind:
Stefan Frings,
Ingrid Hassmann, Regine Huft, Hildegard Hugo, Hubert Klüpfel, Sigrid Kruse,
Edith Ruhöfer, Herta Sartour, Christoph Steven
Textproben
Aus „Fossil“ von Sigrid Kruse:
Meistens um Mitternacht trifft Oda auf eine Person, mit der sie nicht
gut auskommt. Sie will nicht die sein, die sie im Spiegel über dem
Waschbecken sieht, die mit den Ringen unter den Augen. Das Klopfen im
Kopf spürt sie wie eine Beule. Erschrocken löst Oda die Spange, mit der
sie die grauen Strähnen verdeckt und zieht das Haar vors Gesicht, setzt
sich auf den Wannenrand, hält die Hände unter kaltes Wasser, wartet,
bis die Kühle in den Kopf steigt und das Geräusch sie schläfrig macht.
Sie schluckt noch eine von den Pillen, die ihr der Arzt gegeben hat.
Sie hebt sie in einer silberfarbenen Dose auf, wie ein Geschenk.
Aus „Gehorsam“ von Herta Sartour
Sie hatten ihm gesagt, er müsse es tun und er habe sich danach zu
richten.
Als er Kind war, hatten sie ihm gesagt, der Tod sei der Weg zum Reich
Gottes, zur ewigen Herrlichkeit, also musste der Tod ja etwas sehr
Schönes sein. Ob das auch für Tiere galt?
Das Kätzchen, das sich damals im Baum erhängt hatte, sah jedenfalls
nicht sehr glücklich aus. Erst hatte es kläglich miaut, dann nur noch
gekrächzt und schließlich baumelte es leblos im Geäst, die Augen
hervorgequollen und die Zunge schlaff aus dem kleinen Mäulchen hängend.
Es hatte ganz offensichtlich die Heimkehr zu Gott nicht zu schätzen
gewusst...
Aus „Rauchen verursacht Krebs“ von Hubert Klüpfel
Links zwo drei vier.
Peter hatte alles im Griff.
Und Martina hatte Peter im Griff.
Und dann würgte es ihn.
Dabei
hatte er gar nicht viel gegessen. Und bei diesem Gedanken hörte es auch
schon auf. Dann dachte er an einen gelben Elefanten und musste lachen.
Sobald das Lachen verklungen war, hörte er den Zug kommen.
Aus „Die Unendlichkeit und der Tod“ von Christoph Steven
Wenn
nachts alles ruhig ist, der Wind leicht gegen das weiß schimmernde
Segeltuch schlägt und ich auf den schwarzen Horizont schaue, an dem
sich manchmal eine Breitseite kegelförmiger Scheinwerfer verirrt,
kommen mir Zweifel, ob ich überhaupt der Steuermann bin, obwohl ich das
Ruder Tag und Nacht mit beiden Händen umklammert halte. Viele Unwetter
haben Masten und Segel arg in Mitleidenschaft gezogen. Die Planken des
Decks sind im Laufe der Jahre faulig geworden, die Farbe der Außenwand
ist abgeblättert, der Außenbordmotor musste verschrottet werden.
Stündlich müssen Holzwürmer ausgefegt werden.